III. ABSCHNITT

Klinische Prüfung

Allgemeine Voraussetzungen

§ 28. Klinische Prüfungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn

1.  sie erwartungsgemäß die Zielsetzungen des § 2a Abs.1 erfüllen,

2.  Angaben über relevante physikalische und chemische Daten oder biologische Eigenschaften sowie über die angewendete Arzneimitteltechnologie vorliegen und

3.  aussagefähige Ergebnisse nichtklinischer Prüfungen vorliegen, die entsprechend dem jeweiligen Stand der Wissenschaften durchgeführt wurden.

§ 29. (1) Bei der Planung, Anlage und Durchführung klinischer Prüfungen sind die gesundheitlichen Risken und Belastungen für die Versuchsperson so gering wie möglich zu halten.

 (2) Die klinische Prüfung von Arzneimitteln darf nur durchgeführt werden, wenn die Risken, die mit ihr für die Versuchspersonen verbunden sind, gemessen an der zu er­wartenden Bedeutung des Ergebnisses der Prüfung für die Medizin vertretbar sind und die nicht auszuschließende Gefahr einer Beeinträchtigung der Gesundheit dieser Versuchsperson

1.  nicht erheblich ist oder

2.  überwogen wird von dem von der Anwendung des Arzneimittels zu erwartenden Vorteil für ihre Gesundheit.

 (3) Die klinische Prüfung eines Arzneimittels darf an Patienten nur durchgeführt werden, wenn

1.  Ergebnisse von klinischen Prüfungen an gesunden Probanden vorliegen, es sei denn, das Prüfpräparat darf gemäß Abs. 2 Z 1 an gesunden Probanden nicht geprüft werden oder die Prüfung am gesunden Probanden läßt kein aussagekräftiges Ergebnis erwarten, und

2.  die Anwendung des Arzneimittels nach den Erkennt­nissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt ist, um bei dem Patienten, an dem die klinische Prü­fung durchgeführt werden soll, die Krankheit oder deren Verlauf zu erkennen, sie zu heilen oder zu lindern oder ihn vor weiteren Krankheiten zu schützen.

Liegen aussagekräftige Daten nach Z 1 und aus klinischen Prüfungen an Patienten  vor, darf ohne Vorliegen der Voraussetzungen der Z 2 eine klinische Prüfung am Patienten auch dann durchgeführt werden, wenn eine bestimmte Erkrankung der Versuchsperson Voraussetzung dafür ist, daß ein für die im Prüfplan festgelegte Fragestellung relevantes Ergebnis zu erwarten ist.

 (4) Die klinische Prüfung von Arzneimitteln darf an gebärfähigen Frauen, mit Ausnahme der Fälle des § 44, nur durchgeführt oder fortgesetzt werden, wenn vor und einmal monatlich während der klinischen Prüfung ein Arzt das Nichtvorliegen einer Schwangerschaft festgestellt hat.

§ 30. Wird ein Arzneimittel in Österreich klinisch geprüft, für das noch keine aussagekräftigen Ergebnisse von klinischen Prüfungen vorliegen, so ist vor Beginn der klinischen Prüfung ein Gutachten des Arzneimittelbeirates darüber ein­zuholen, ob das zu prüfende Arzneimittel die Voraussetzungen für die Durchführung einer klinischen Prüfung gemäß diesem Bundesgesetz erfüllt. Die Erstellung eines Gutachtens ist durch den Sponsor zu beantragen und hat innerhalb von 2 Monaten nach Antragstellung zu erfolgen.

Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Qualifikation von Sponsor, Monitor und Prüfer

§ 31. Der Sponsor hat detaillierte Verfahrensvorschriften (SOPs) zu erarbeiten und für deren Einhaltung Sorge zu tra­gen.

§ 32.  (1) Der Sponsor hat

  1.     den Prüfer unter Berücksichtigung seiner Eignung und der örtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten der Prüfstelle auszuwählen,

  2.     sich der Zustimmung des Prüfers zu versichern, die klinische Prüfung gemäß dem Prüfplan und den Be­stimmungen dieses Bundesgesetzes durchzuführen,

  3.     den Prüfplan zu beurteilen und gegebenenfalls die Zustimmung durch seine Unterschrift zu bestätigen,

  4.     den Prüfer über nichtklinische und gegebenenfalls vorhandene klinische Daten und Ergebnisse auch in schriftlicher Form zu informieren, wobei die Pflicht zur unverzüglichen Information auch hinsichtlich jeder relevanten neuen Information, die während des Verlaufs der klinischen Prüfung verfügbar wird, besteht,

  5.     die Durchführung der klinischen Prüfung vor deren Beginn sowie deren Beendigung beim Bundesministerium für soziale Sicherheit  und Generationen zu melden,

  6.     die Durchführung der klinischen Prüfung an einer Krankenanstalt vor deren Beginn sowie deren Been­digung dem ärztlichen Leiter der Krankenanstalt zu melden,

  7.     das ausreichend charakterisierte und gekennzeichnete Prüfpräparat, dessen Herstellung nach einer Betriebsordnung gemäß § 62 oder, sofern die Prüfsubstanz nicht in Österreich hergestellt wurde, jedenfalls den international anerkannten Standards entsprechend erfolgt ist, nach Maßgabe des Abs. 3 zur Verfügung zu stellen,

  8.     dafür zu sorgen, daß fachlich qualifizierte Monitore und erforderlichenfalls unterstützendes Forschungs­personal zur Verfügung stehen,

  9.     alle schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse zusammen mit dem Prüfer unverzüglich zu bewerten und die jeweils angemessenen Maßnahmen zu treffen,

10.     die Fertigstellung eines zusammenfassenden Abschlußberichtes der klinischen Prüfung sicherzustellen,

11.     unter Bedachtnahme auf Abs. 2 eine Personenschadenversicherung abzuschließen, die alle Schäden abdeckt, die an Leben und Gesundheit der Versuchsperson durch die an ihr durchgeführten Maßnahmen der klinischen Prüfung verursacht werden können und für die der Prüfer zu haften hätte, wenn ihn Verschulden (§1295 ABGB) träfe, mit Ausnahme von Schäden auf Grund von Veränderungen des Erbmaterials in Zellen der Keimbahn,

12.     für den Fall, daß der Sponsor nicht gleichzeitig der Prüfer ist, zu klären, ob der Prüfer eine ausreichende Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung hat, erforderlichenfalls dem Prüfer aus der mit der klinischen Prüfung verbundenen Gefahrenerhöhung erwachsende Mehrkosten für eigene Versicherungen angemessen zu ersetzen oder auf eigene Rechnung geeignete Versicherungen zugunsten des Prüfers abzuschließen und

13.     mit dem Prüfer über die Verteilung der Verantwortlichkeiten hinsichtlich der Befassung der Ethikkommission, der Datenübermittlung und -aufbe­wahrung, biometrischen Auswertung, Berichterstellung und Veröffentlichungsmodalitäten entsprechende Vereinbarungen zu treffen.

 (2) Die Personenschadenversicherung (Abs.1 Z11) ist un­ter Beachtung folgender Grundsätze abzuschließen:

1.  Der Sponsor hat Versicherungsnehmer, die Versuchsperson selbständig anspruchsberechtigter Versicherter zu sein.

2.  Auf den Versicherungsvertrag muß österreichisches Recht anzuwenden sein.

3.  Die Versicherungsansprüche müssen in Österreich einklagbar sein.

4.  Die Vollstreckbarkeit eines österreichischen Exekutionstitels im Ausland muß erforderlichenfalls gesichert sein.

5.  Der Umfang der Versicherung muß in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der klinischen Prüfung verbundenen Risiken stehen; die Mindestversicherungssumme ist durch Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit  und Generationen festzulegen.

 (3) Der Sponsor hat dafür zu sorgen, daß weder den Versuchspersonen noch den österreichischen Sozialversicherungsträgern aus der Bereitstellung des Prüfpräparates (Abs. 1 Z7) Kosten entstehen, es sei denn, daß

1.  es sich bei dem Prüfpräparat um eine in Österreich zugelassene Arzneispezialität handelt,

2.  mit deren Einsatz ein primär individueller Nutzen insofern verbunden ist, als sie zur Abwehr einer Lebensbedrohung oder einer schweren gesundheitlichen Schädigung dringend benötigt wird und gegenüber verfügbaren im betreffenden Indikationsbereich zugelassenen Arzneispezialitäten eine wesentliche Steigerung der Erfolgschancen ernsthaft erwarten läßt,

3.  dem Sozialversicherungsträger Informationen über das Prüfpräparat und die klinische Prüfung zugänglich gemacht worden sind, und

4.  dieser auf Grund dieser Unterlagen, nach Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 einem Antrag auf Kostenübernahme zugestimmt hat.

 (4) Der Sponsor kann seine Aufgaben oder Verpflichtungen zur Gänze oder teilweise an externe wissenschaftliche Einrichtungen delegieren.

Monitor

§ 33. Der Monitor hat die Kommunikation zwischen Sponsor und klinischem Prüfer herzustellen. Der Monitor muß jene Qualifikation aufweisen, die ihm eine fachkundige Betreuung der klinischen Prüfung ermöglicht.

§ 34. Der Monitor hat

1.  entsprechend der SOP zu arbeiten, den Prüfer vor, während und nach Abschluß der klinischen Prüfung zu besuchen, um die Einhaltung des Prüfplanes zu kontrollieren und sicherzustellen, daß alle Daten korrekt und vollständig erfaßt und festgehalten werden,

2.  zu überprüfen, ob die Prüfstelle ausreichend Platz, Einrichtungen, Ausrüstung und Personal aufweist,

3.  die Eintragungen in den Prüfbögen mit den Originalbefunden zu vergleichen und den Prüfer über Fehler und Auslassungen zu informieren,

4.  zu überprüfen, ob das Personal, das den Prüfer bei der klinischen Prüfung unterstützt, ausreichend über die Einzelheiten der Durchführung der klinischen Prüfung informiert wurde und sich an die festgelegten Anweisungen hält,

5.  zu überprüfen, ob die Aufbewahrung, die Aus- und Rückgabe sowie die Dokumentation über die Versorgung der Versuchspersonen mit dem Prüfpräparat sicher und angemessen ist, und

6.  einen schriftlichen Bericht an den Sponsor nach jedem Besuch beim Prüfer sowie über jeden im Zusammenhang mit der klinischen Prüfung wesentlichen Kontakt zu übermitteln.

Prüfer

§ 35. (1) Prüfer darf nur ein Arzt sein, der zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes in Österreich berechtigt ist, und

1.  über entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der klinischen Prüfung von Arzneimitteln verfügt,

2.  über entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen auf dem vorgesehenen Indikationsgebiet und

3.  über Kenntnisse auf den einschlägigen Gebieten der nichtklinischen Medizin, insbesondere auch über Biometrie,

verfügt.

 (2) Der Nachweis über die genannten Eignungskriterien ist seitens des Prüfers dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen sowie dem Sponsor zu erbringen. Falls der Prüfer auf einem der Teilgebiete gemäß Abs. 1 Z 3 nicht die entsprechenden Kenntnisse und Erfahrungen besitzt, sind von ihm einschlägige Fachkräfte mitverantwortlich beizuziehen.

§ 36. Der Prüfer hat

  1.     sich mit den Eigenschaften des Prüfpräparates eingehend vertraut zu machen,

  2.     sicherzustellen, daß er ausreichend Zeit aufwenden kann, um die klinische Prüfung durchzuführen und voraussichtlich auch zu beenden, daß er ausreichend Personal und angemessene Einrichtungen für die gesamte Dauer der klinischen Prüfung zur Verfügung stellen kann und sicherzustellen, daß bei unerwünschten Ereignissen unverzüglich entsprechende Gegenmaßnahmen erfolgen können,

  3.     den Prüfplan zu unterzeichnen und darüber hinaus in schriftlicher Form festzuhalten, daß er den Prüfplan gelesen und zur Kenntnis genommen hat und die kli­nische Prüfung gemäß dem Prüfplan und den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durchführen wird und dies durch seine Unterschrift zu bestätigen,

  4.     Abänderungen im Prüfplan, mit denen eine Erhöhung des Risikos verbunden sein könnte, der Ethikkommission zur Stellungnahme vorzulegen, und ihr die Beendigung der klinischen Prüfung zu melden,

  5.     die Einwilligung nach Aufklärung vor Einschluß in die klinische Prüfung entsprechend § 38 zu erwirken,

  6.     allen Mitarbeitern, die in die Durchführung der klinischen Prüfung oder in die Betreuung der Versuchs­personen eingebunden sind, alle relevanten Informationen zur Verfügung zu stellen,

  7.     eine sichere und von anderen Arzneimitteln getrennte Aufbewahrung und Handhabung des Prüfpräparates zu gewährleisten, dessen Abgabe oder Anwendung an Versuchspersonen zu dokumentieren und nicht verwendete Prüfpräparate dem Sponsor zurückzustellen,

  8.     die Daten korrekt zu erheben, festzuhalten und zu berichten, den Umgang mit der verschlüsselten Zuordnung zu Behandlungsgruppen und die Dokumentation darüber mit äußerster Sorgfalt handzuhaben und sicherzustellen, daß der Behandlungsschlüssel ausschließlich unter den im Prüfplan angegebenen Umständen gebrochen wird,

  9.     im Falle schwerwiegender unerwünschter Ereignisse das Bundesministerium für soziale Sicherheit  und Generationen, den Sponsor und die zuständige Ethikkommission unmittelbar und unverzüglich davon zu unterrichten und die notwendigen Maßnahmen zum Schutze der Versuchspersonen zu treffen,

10.     alle Daten im Zusammenhang mit der klinischen Prüfung zum Zweck eines Audits oder einer Inspektion zugänglich zu machen, und

11.     die Erstellung des Abschlußberichtes der klinischen Prüfung zu gewährleisten und diesen zu unterzeichnen.

Planung, Durchführung und Auswertung einer klinischen Prüfung

§ 37. (1) Jeder klinischen Prüfung ist ein Prüfplan zu Grun­de zu legen, der Auswertbarkeit und Reproduzierbarkeit der Ergebnisse der klinischen Prüfung gewährleistet und alle für die Fragestellung relevanten Kriterien zu enthalten hat.

 (2) Die Möglichkeit der biometrischen Beurteilung muß vor Beginn und während des gesamten Ablaufes einer klinischen Prüfung gegeben sein.

 (3) Der Prüfplan hat insbesondere folgende Punkte zu be­inhalten:

1.  Definition des zu untersuchenden Zielkriteriums oder der zu untersuchenden Zielkriterien,

2.  Beschreibung des Prüfdesigns und der statistisch erforderlichen Fallzahl oder Fallzahlen,

3.  Dauer der klinischen Prüfung und Abbruchkriterien,

4.  Ein- und Ausschlußkriterien und

5.  Kriterien für Begleittherapien.

 (4) Die Art der statistischen Analyse, die angewendet werden soll, muß im Prüfplan ausgeführt sein. Spätere Abweichungen von dieser Planung müssen beschrieben und im Endbericht gerechtfertigt werden.

 (5) Die Planung der statistischen Analyse und ihre Ausführung muß durch einen entsprechend qualifizierten Biometriker oder Statistiker durchgeführt oder bestätigt werden. Die Möglichkeit und die Umstände einer Zwischenauswertung müssen ebenfalls im Prüfplan ausgeführt sein.

 (6) Die statistische Analyse muß Angaben über fehlende, nicht verwertete und fehlerhafte Daten enthalten.

 (7) Jede Publikation einer klinischen Prüfung hat Angaben darüber zu enthalten, wer Sponsor dieser klinischen Prüfung war.

Aufklärung und Einwilligung

§ 38. (1) Die klinische Prüfung eines Arzneimittels darf, sofern § 39 Abs. 3 und die §§ 42 und 43 nichts anderes bestimmen, nur durchgeführt werden, wenn die Versuchs­person durch einen Arzt über Wesen, Bedeutung, Tragweite und Risken der klinischen Prüfung aufgeklärt worden ist und die Versuchsperson ihre Einwilligung hiezu erteilt hat. Die Einwilligung ist nur rechtswirksam, wenn die Versuchsperson geschäftsfähig und in der Lage ist, Wesen, Bedeutung, Tragweite und Gefahren der klinischen Prüfung einzusehen und ihren Willen danach zu bestimmen.

 (2) Die Einwilligung im Sinne des Abs. 1 darf  jederzeit widerrufen werden. Sind für die Durchführung der klinischen Prüfung mehrere Einwilligungen erforderlich, so darf die kli­nische Prüfung an dieser Person nicht fortgesetzt werden, wenn auch nur eine dieser Einwilligungen widerrufen wird.

§ 39. (1) Aufklärung und Information müssen sowohl mündlich als auch schriftlich gegeben werden. Die Information muß klarstellen, daß die Ablehnung, an der klinischen Prüfung teilzunehmen, oder das Ausscheiden aus der klinischen Prüfung zu einem beliebigen Zeitpunkt ohne nachteilige Folgen, insbesondere für die weitere medizinische Versorgung der Versuchsperson bleibt.

 (2) Wenn eine Versuchsperson nach umfassender Aufklärung in die Teilnahme einwilligt, muß ihre Einwilligung in schriftlicher Form festgehalten werden. Die Einwilligung muß datiert, entweder mit der persönlichen Unterschrift der Versuchsperson oder vor einem Zeugen abgegeben werden, der die Einwilligung durch seine Unterschrift bestätigt. Die Einwilligung muß in jedem Fall mit eigenhändiger Unterschrift gegeben werden, wenn für die Versuchsperson mit der klinischen Prüfung kein Nutzen im Sinne des § 29 Abs. 3 Z 2 verbunden ist.

 (3) Wenn ein Patient, der nicht den Personengruppen ge­mäß §§ 42 bis 45 angehört, nicht in der Lage ist, persönlich seine Einwilligung zu geben, kann der Einschluß solcher Pa­tienten in eine Studie dennoch gerechtfertigt sein, wenn die zuständige Ethikkommission grundsätzlich damit einverstanden und der Prüfer auf Grund seines Wissens und seiner Erfahrung der Überzeugung ist, daß der aus der Teilnahme an der klinischen Prüfung für die Gesundheit des Patienten zu erwartende Erfolg mit einer zugelassenen und verfügbaren Arzneispezialität nach dem Stand der Wissenschaften voraussichtlich nicht erzielt werden kann.

 (4) Die Versuchspersonen sind darüber zu informieren, daß Daten während einer Inspektion geprüft werden können, daß aber personenbezogene Informationen absolut vertraulich behandelt und nicht in die Öffentlichkeit gelangen werden.

 (5) Die Versuchspersonen müssen über den Versicherungsschutz im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 11 informiert werden.

Ethikkommissionen

§ 40. (1) Der Landeshauptmann hat hinsichtlich klinischer Prüfungen außerhalb von Krankenanstalten Sorge zu tragen, daß im Bereich seines Bundeslandes Ethikkommissionen zur Wahrnehmung der Aufgaben gemäß § 41 in ausreichender Zahl eingerichtet werden.

 (2) Die Ethikkommission hat sich aus Frauen und Männern zusammenzusetzen und mindestens zu bestehen aus:

1.  einem Arzt, der im Inland zur selbständigen Berufsausübung berechtigt ist und der nicht der Prüfer ist,

2.  einem Facharzt, in dessen Sonderfach die jeweilige klinische Prüfung fällt und der nicht der Prüfer ist,

3.  einem Vertreter des Krankenpflegefachdienstes,

4.  einem Juristen,

5.  einem Pharmazeuten,

6.  einem Patientenvertreter und

7.  einer weiteren, nicht unter die Z 1 bis 6 fallenden Person, die mit der Wahrnehmung seelsorgerischer Angelegenheiten betraut ist oder sonst über die entsprechende ethische Kompetenz verfügt.

Für jedes Mitglied ist ein in gleicher Weise qualifizierter Ver­treter zu bestellen.

 (3) Vor Beginn der Durchführung einer klinischen Prüfung ist durch den Sponsor oder Prüfer die Stellungnahme der je­weils zuständigen Ethikkommission hinsichtlich der Eignung des Prüfplanes sowie der Art der Aufklärung und der Unterlagen, die benutzt werden, um die Einwilligung nach Aufklärung der Personen zu erhalten, einzuholen. Im Rahmen einer multizentrischen Prüfung kann die zuständige Ethikkommission die Stellungnahme einer für eine andere teilnehmende Krankenanstalt zuständigen Ethikkommission als ausreichend erklären; in diesem Fall müssen der beurteilenden Ethikkommission alle beteiligten Prüfer bekanntgegeben und alle Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, die eine Beurteilung im Hinblick auf deren fachliche Qualifikation und Erfahrung sowie der vorhandenen Einrichtungen und des Personals erlauben.

§ 41. (1) Die Ethikkommission muß durch den Prüfer über etwaige nachträgliche Änderungen des Prüfplanes und über alle schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse, die während der klinischen Prüfung auftreten, informiert werden. Da­rüber hinaus muß die Ethikkommission durch den Prüfer auch im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 4 informiert werden. Bei Änderungen, die möglicherweise zu einer Erhöhung des Risikos führen, muß die Ethikkommission neu befaßt werden.

 (2) Die Ethikkommission hat anhand der eingereichten Unterlagen insbesondere zu beurteilen:

1.  die Eignung des Prüfers im Hinblick auf seine fachliche Qualifikation und Erfahrung,

2.  vorhandene Einrichtungen und Personen,

3.  den Prüfplan im Hinblick auf die Ziele der Prüfung und seine wissenschaftliche Aussagekraft sowie die Beurteilung des Nutzen/Risiko-Verhältnisses,

4.  die Art und Weise, in der die Rekrutierung der Versuchspersonen durchgeführt wird und in der Aufklärung und Zustimmung zur Teilnahme erfolgen,

5.  die Vorkehrungen, die hinsichtlich der Versicherung im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 11 und 12 getroffen wurden.

 (3) Die Ethikkommission hat ihre Stellungnahme innerhalb von zwei Monaten unter Bezugnahme auf die eingereichten Unterlagen protokolliert in schriftlicher Form abzugeben.

 (4) Bei Meldung eines schwerwiegenden unerwünschten Ereignisses hat die zuständige Ethikkommission dem Bundesministerium für soziale Sicherheit  und Generationen er­forderlichenfalls geeignete Maßnahmen vorzuschlagen.

Schutz bestimmter Personengruppen

§ 42. Die klinische Prüfung eines Arzneimittels darf an Minderjährigen nur durchgeführt werden, wenn

1.  das Arzneimittel, das geprüft wird, zum Erkennen, zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bei Minderjährigen bestimmt ist,

2.  die Anwendung des Arzneimittels nach den Erkennt­nissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt ist, um bei dem Minderjährigen, an dem die klinische Prüfung durchgeführt wird, Krankheiten oder deren Verlauf zu erkennen, sie zu heilen oder zu lindern oder ihn vor Krankheiten zu schützen,

3.  die klinische Prüfung an Erwachsenen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft keine ausreichenden Prüfungsergebnisse erwarten läßt,

4.  die Einwilligung hiezu durch die Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertreter nachweislich erteilt wurde, und diese durch einen Arzt über Wesen, Bedeutung und Tragweite und Risken der klinischen Prüfung aufgeklärt worden sind, und im Fall eines nicht unerheblichen Risikos zusätzlich die Einwilligung des Vormundschaftsgerichts erteilt worden ist, und

5.  die Einwilligung hiezu auch durch den Minderjährigen, an dem die klinische Prüfung durchgeführt werden soll, nachweislich erteilt wurde, sofern der Minderjährige das achte Lebensjahr vollendet hat oder nach entsprechender Aufklärung in der Lage ist, Wesen, Bedeutung, Tragweite und Risken der klinischen Prüfung einzusehen und seinen Willen danach zu bestimmen.

§ 43. Die klinische Prüfung an einer Person, der infolge einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung ein Sachwalter bestellt ist oder die infolge einer Krankheit auf gerichtliche oder behördliche Anordnung angehalten oder gemäß dem Unterbringungsgesetz untergebracht ist, darf nur dann durchgeführt werden, wenn

1.  das Arzneimittel, das geprüft wird, zum Erkennen, zur Heilung, Linderung oder Verhütung dieser Krankheit bestimmt ist,

2.  die Anwendung des Arzneimittels nach den Erkennt­nissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt ist, um bei der psychisch kranken oder geistig behinderten Person diese Krankheit oder deren Verlauf zu erkennen, sie zu heilen oder zu lindern oder die Person vor weiteren Krankheiten zu schützen.

3.  die Einwilligung hiezu durch den Sachwalter nachweislich erteilt wurde und dieser durch einen Arzt über Wesen, Bedeutung, Tragweite und Risken der klinischen Prüfung aufgeklärt worden ist, und im Fall eines nicht unerheblichen Risikos zusätzlich die Einwilligung des Pflegschaftsgerichts eingeholt worden ist, und

4.  die Einwilligung hiezu auch durch den Patienten nachweislich erteilt wurde, sofern er nach entsprechender Aufklärung in der Lage ist, Wesen, Bedeutung, Tragweite und Risken der klinischen Prüfung einzusehen und seinen Willen danach zu bestimmen.

§ 44. (1) Die klinische Prüfung eines Arzneimittels darf an einer Schwangeren nur durchgeführt werden, wenn

1.  das Arzneimittel, das geprüft wird, zum Erkennen, zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bei Schwangeren oder ungeborenen Kindern bestimmt ist,

2.  die Anwendung des Arzneimittels nach den Erkennt­nissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt ist, um bei der Schwangeren, an der die klinische Prüfung durchgeführt wird, oder bei ihrem ungeborenen Kind Krankheiten oder deren Verlauf zu erkennen, sie zu heilen oder zu lindern oder diese vor Krankheiten zu schützen,

3.  nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Durchführung der klinischen Prüfung voraussichtlich keine Risken für das ungeborene Kind mit sich bringt und

4.  die klinische Prüfung nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft nur an Schwangeren ausreichende Prüfungsergebnisse erwarten läßt.

 (2) Abs. 1 gilt sinngemäß für klinische Prüfungen von Arzneimitteln, die dazu bestimmt sind, den Eintritt einer Schwan­gerschaft zu ermöglichen.

§ 45. (1) Die klinische Prüfung eines Arzneimittels darf an Personen, die einen Präsenz- oder Ausbildungsdienst leisten, nicht durchgeführt werden.

 (2) Die klinische Prüfung eines Arzneimittels darf an Personen, die auf gerichtliche oder behördliche Anordnung an­gehalten oder gemäß dem Unterbringungsgesetz untergebracht sind oder für die ein Sachwalter bestellt ist, nicht durchgeführt werden, es sei denn, es sind die Voraussetzungen des § 43 gegeben.

Umgang mit Daten

§ 46. (1) Von seiten des Sponsors, Monitors und Prüfers sind geeignete Maßnahmen für eine sorgfältige und vertrauliche Handhabung aller im Rahmen einer klinischen Prüfung anfallenden Daten zu setzen.

 (2) Der Prüfplan, die Dokumentation, die zwischen Prüfer und Sponsor getroffenen Vereinbarungen und alle anderen Dokumente, die im Zusammenhang mit der klinischen Prüfung erstellt wurden, müssen durch den Sponsor für einenZeitraum von 15 Jahren nach Abschluß oder Abbruch der klinischen Prüfung aufbewahrt werden.

 (3) Der Prüfer hat dafür Sorge zu tragen, daß die Unterlagen betreffend die verschlüsselte Zuordnung zu den einzelnen Behandlungsgruppen für einen Zeitraum von 15 Jahren nach Abschluß oder Abbruch der klinischen Prüfung aufbewahrt werden.

 (4) Unbeschadet der Aufbewahrungspflicht gemäß Abs. 2 muß der Abschlußbericht durch den Sponsor oder späteren Zulassungsinhaber 5 Jahre länger aufbewahrt werden als die Arzneispezialität in Österreich zugelassen ist.

 (5) Alle für die klinische Prüfung relevanten Daten und Dokumente müssen auf Anforderung dem Bundesministerium für soziale Sicherheit  und Generationen verfügbar gemacht werden.

Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung

§ 47. (1) Um das Ziel einer im Interesse aller Beteiligten optimal durchgeführten klinischen Prüfung zu erreichen, hat der Sponsor sich in einer Weise zu organisieren, daß die technischen, administrativen und ethischen Faktoren, welche die Qualität der klinischen Prüfung beeinflussen, beherrscht werden. Alle Lenkungsmaßnahmen müssen auf die Verhütung unzulänglicher Qualität abzielen. Verantwortung und Befugnis hinsichtlich jeder qualitätswirksamen Tätigkeit sind klar festzulegen. Der Sponsor hat ein adäquates System der Qualitätssicherung in Kraft zu setzen und anzuwenden.

 (2) Ein Qualitätssicherungssystem im Sinne des Abs. 1 besteht aus der Aufbauorganisation, der Zuteilung von Verantwortlichkeiten, den vorgesehenen Verfahrensschritten, der Dokumentation und den Mitteln für die Verwirklichung des Qualitätsmanagements.

 (3) Alle Beobachtungen und Befunde haben vollständig nachvollziehbar zu sein. Dadurch ist insbesondere sicherzustellen, daß die dargestellten Schlußfolgerungen sich kor­rekt aus den Rohdaten ableiten lassen. Die Überprüfungsmethoden müssen im einzelnen dargestellt und begründet sein.

 (4) Eine Qualitätskontrolle muß für jeden Schritt des Umgangs mit den Daten vorgesehen werden, um sicherzustellen, daß die Daten verläßlich sind und daß sie korrekt verarbeitet wurden.

 (5) Ein vom Sponsor veranlaßtes Audit hat durch Stellen zu erfolgen, die unabhängig von den für die klinische Prüfung verantwortlichen sind.

 (6) Darüber hinaus sind Prüfstellen, Einrichtungen einschließlich Laboratorien sowie jede Art von Daten für ein Audit und für eine Inspektion jederzeit zugänglich zu machen.

 (7) Ziel einer Inspektion ist es, mittels objektiver, unabhängiger Überprüfung festzustellen, ob der in diesem Bundesgesetz vorgeschriebene Standard hinsichtlich der Planung, Durchführung und Auswertung klinischer Prüfungen eingehalten wird.

 (8) Entstehen dem Bundesministerium für soziale Sicherheit  und Generationen anläßlich der Inspektion einer klinischen Prüfung Barauslagen, so sind diese dem Sponsor in Rechnung zu stellen, es sei denn, der Prüfer nimmt im Sinne des §2 a Abs. 13 die Aufgaben des Sponsors wahr.

Verordnungsermächtigung

§ 48. (1) Sofern dies im Hinblick auf die Arzneimittelsicherheit erforderlich ist, hat der Bundesminister für soziale Sicherheit  und Generationen durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Voraussetzungen und die Durchführung der klinischen Prüfung und der nichtklinischen Prüfung von Arzneimitteln zu erlassen.

 (2) Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen hat unbeschadet des Tierversuchsgesetzes 1988, BGBl. Nr. 501/1989, unter Bedachtnahme auf die Richtlinie 81/852/EWG nähere Bestimmungen über die klinische Erpro­bung am Tier zu erlassen.