VI. ABSCHNITT

Vertrieb

Abgabe von Arzneimitteln

§ 57. (1) Arzneimittel dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler nur abgegeben werden an

1.  öffentliche Apotheken, Anstaltsapotheken und tierärztliche Hausapotheken,

2.  Drogisten oder andere Gewerbetreibende, die gemäß § 59 Abs. 3 zur Abgabe von Arzneimitteln befugt sind,

3.  Hersteller ausschließlich zum Zweck der Herstellung von Arzneimitteln oder soweit sie gemäß der Gewerbeordnung 1994 zum Handel mit Arzneimitteln befugt sind,

4.  Arzneimittel-Großhändler,

5.  Gebietskörperschaften zur Erfüllung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben der Impfprophylaxe und Seuchenbekämpfung, sofern die Kosten von ihnen überwiegend getragen werden,

6.  Einrichtungen des österreichischen Bundesheeres, die der Arzneimittelversorgung des Bundesheeres dienen, und

7.  Einrichtungen, die vorläufige gerichtliche Verwahrungen beziehungsweise Anhaltungen, gerichtliche Freiheitsstrafen beziehungsweise mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende gerichtliche Maß­nahmen vollziehen, sofern diese Arzneimittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen, und

8.  wissenschaftliche Institute und Untersuchungsanstalten der Gebietskörperschaften, sofern diese Arz­neimittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.

 (2) An Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler abgegeben werden:

1.  Vollblutkonserven, Suspensionen zellulärer oder korpuskulärer Blutbestandteile, Einzelspenderzubereitungen,

2.  natives menschliches oder tierisches Gewebe.

 (3) Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für radioaktive Arzneimittel. Diese dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler nur an Inhaber einer Bewilligung für den Umgang mit radioaktiven Stoffen gemäß dem Strahlenschutzgesetz, BGBl. Nr. 227/1969, abgegeben werden.

 (4) Fütterungsarzneimittel dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler auf Verschreibung des behandelnden Tierarztes direkt an Verbraucher abgegeben werden. Die wiederholte Abgabe auf eine Verschreibung ist unzulässig.

 (5) Abs. 1 gilt nicht für Arzneispezialitäten gemäß § 11 Abs.4.

 (6) Vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Groß­händler dürfen Arzneimittel, deren Abgabe im Kleinverkauf nicht den Apotheken vorbehalten ist, direkt an Bandagisten, Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker, Zahntechniker, Fußpfleger, Inhaber einer Berechtigung für den Huf- und Klauenbeschlag und Masseure abgegeben werden, sofern es sich dabei um Arzneimittel handelt, die diese Gewerbetreibenden für die Ausübung ihrer Tätigkeit benötigen.

 (7) Vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Groß­händler dürfen Dentalarzneimittel, die

1.  nicht der Rezeptpflicht unterliegen und

2.  ausschließlich dazu bestimmt sind, von Fachärzten für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde oder Dentisten am Patienten angewendet zu werden,

direkt an diese sowie an Zahnambulatorien abgegeben wer­den.

 (8) Medizinische Gase dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler an Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke und an Gewerbetreibende abgegeben wer­den, die gemäß der Gewerbeordnung 1994 zur Abgabe kom­primierter technischer Gase berechtigt sind.

 (9) Arzneimittel zur klinischen Prüfung dürfen vom Hersteller, Depositeur und Arzneimittel-Großhändler auch direkt an Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke und an Prüfer abgegeben werden.

(10) Rettungs- und Krankenbeförderungsdienste einer Gebietskörperschaft dürfen Arzneimittel, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen der Rettung und Krankenbeförderung benötigen, aus jenen Anstaltsapotheken beziehen, die von Krankenanstalten betrieben werden, deren Träger diese Gebietskörperschaft ist.

Abgabe von Ärztemustern

§ 58. (1) Zulassungsinhaber dürfen Muster von zugelassenen Arzneispezialitäten an Ärzte, Tierärzte und Dentisten nur über deren schriftliche Anforderung, ausschließlich un­entgeltlich und nach Aufbringung des deutlich lesbaren und nicht entfernbaren Hinweises “Unverkäufliches Ärztemuster” in der kleinsten Handelspackung nach Maßgabe des Abs. 2 abgeben. Diese Muster dürfen auch von den Empfängern nur unentgeltlich weitergegeben werden. Die Abgabe von Ärztemustern von Arzneispezialitäten, die psychotrope Substanzen oder Suchtstoffe enthalten, ist verboten.

 (2) Die Abgabe von unverkäuflichen Ärztemustern darf an Empfänger gemäß Abs. 1

1.  innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nach erstmaliger Abgabe der Arzneispezialität im Sinne des § 57 in einer Anzahl, die zur Beurteilung des Behandlungserfolges bei höchstens zehn Patienten ausreicht, insgesamt jedoch höchstens im Ausmaß von 30 Ärztemustern einer Arzneispezialität je Emp­fänger, und

2.  nach Ablauf des in Z 1 genannten Zeitraumes pro Anforderung höchstens im Ausmaß von 2 Ärztemustern, an einen Empfänger jedoch höchstens im Ausmaß von fünf Ärztemustern einer Arzneispezialität im Jahr erfolgen.

 (3) Über die Empfänger von unverkäuflichen Ärztemustern sowie über Art, Umfang und Zeitpunkt der Abgabe derselben sind Nachweise zu führen und auf Verlangen dem Bundesministerium für  soziale Sicherheit  und Generationen vorzulegen. Der Bundesminister hat durch Verordnung nä­here Bestimmungen über Art und Form der Nachweise zu erlassen.

Abgabe im Kleinen

§ 59. (1) Arzneimittel dürfen nur durch Apotheken abgegeben werden, sofern in den §§ 57 und 58 oder im folgenden nichts anderes bestimmt ist.

 (2) Apothekeneigene Arzneispezialitäten dürfen nur durch die Apotheke abgegeben werden, in der sie ganz oder über­wiegend hergestellt werden und deren Betreiber Zulassungsinhaber dieser apothekeneigenen Arzneispezialität ist.

 (3) Der Bundesminister für soziale Sicherheit  und Generationen und der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit haben durch gemeinsame Verordnung jene Arzneimittel zu bestimmen, die selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesund­heit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen und daher durch Drogisten oder durch Gewerbetreibende, die gemäß der Gewerbeordnung 1994 zur Herstellung von Arz­neimitteln berechtigt sind, abgegeben werden dürfen.

 (4) Soweit es sich bei Arzneimitteln gemäß Abs. 3 um Kontaktlinsenflüssigkeiten handelt, dürfen diese auch durch Gewerbetreibende abgegeben werden, die gemäß der Ge­werbeordnung 1994 zum Kleinhandel mit Kontaktlinsen und der Anpassung von Kontaktlinsen berechtigt sind.

 (5) Arzneispezialitäten, die ausschließlich wirksame Bestandteile enthalten, die in einer Verordnung gemäß Abs. 3 angeführt sind, dürfen gemäß Abs. 3 und 4 abgegeben wer­den, es sei denn, der Bundesminister für soziale Sicherheit  und Generationen bestimmt durch Bescheid, daß diese wegen einer Gefährdungsmöglichkeit, die sich aufgrund der besonderen Zusammensetzung oder einer bestimmten Indikation ergibt, im Kleinverkauf den Apotheken vorbehalten ist.

 (6) Der Bundesminister für soziale Sicherheit  und Generationen kann über Antrag des Zulassungsinhabers durch Bescheid Arzneispezialitäten, die dem Abs. 5 nicht entsprechen, vom Apothekenvorbehalt ausnehmen, wenn eine Ge­fährdung auf Grund der besonderen Zusammensetzung oder der vorgesehenen Indikation nicht zu besorgen ist. Ein sol­cher Bescheid ist zu widerrufen, wenn nachträglich bekannt wird, daß die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.

 (7) Die Abs. 1 bis 6 gelten nicht für Arzneimittel im Sinne des § 11 Abs. 4.

 (8) Medizinische Gase dürfen auch durch Gewerbetreibende abgegeben werden, die gemäß der Gewerbeordnung 1994 zur Abgabe von komprimierten technischen Gasen im Kleinverkauf berechtigt sind.

 (9) Die Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung oder durch Versandhandel ist verboten.

Abgrenzungskommission

§ 60. (1) Zur Beratung des Bundesministers für soziale Sicherheit  und Generationen und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit in Fragen der Abgrenzung der Verkaufsrechte im Sinne des § 59 ist beim Bundesministerium für soziale Sicherheit  und Generationen eine Kommission (Abgrenzungskommission) einzurichten.

 (2) Der Abgrenzungskommission haben als Mitglieder anzugehören:

1.  der Vorstand eines österreichischen Universitätsinstitutes für Pharmakologie,

2.  der Vorstand eines österreichischen Universitätsinstitutes für Pharmakognosie,

3.  zwei Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich,

4.  ein Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer,

5.  ein Vertreter der Österreichischen Ärztekammer,

6.  ein Vertreter der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs,

7.  ein Vertreter der Bundesarbeitskammer,

8.  ein Vertreter des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und

9.  ein Vertreter des Bundesinstitutes für Arzneimittel.

 (3) Die Mitglieder der Abgrenzungskommission sind vom Bundesminister für soziale Sicherheit  und Generationen für die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Hinsichtlich der in Abs. 2 Z 3 bis 8 genannten Vertreter steht den betreffenden Institutionen das Vorschlagsrecht zu.

 (4) Der Bundesminister für soziale Sicherheit  und Generationen hat für die in Abs. 3 genannte Zeit einen Beamten seines Ministeriums mit dem Vorsitz in der Abgrenzungskommission zu betrauen.

 (5) Für jedes Mitglied der Abgrenzungskommission sowie für den Vorsitzenden ist ein Stellvertreter zu bestellen.

 (6) Alle Mitglieder sowie der Vorsitzende und ihre Stellvertreter haben beschließende Stimme. Stellvertreter haben ein solches Stimmrecht nur bei Verhinderung jener Personen, die sie vertreten.

 (7) Die Beratungen der Abgrenzungskommission sind nach einer vom Bundesminister für soziale Sicherheit  und Generationen und vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gemeinsam zu erlassenen Geschäftsordnung zu führen.

 (8) Die Tätigkeit in der Abgrenzungskommission ist ehrenamtlich. Allfällige Reisekosten sind den Mitgliedern der Abgrenzungskommission oder deren Stellvertretern nach der höchsten Gebührenstufe der Reisegebührenvorschrift 1955 zu ersetzen.

Abgabe in Handelspackungen

§ 61. (1) Arzneispezialitäten dürfen nur in den vom Hersteller oder Depositeur vorgesehenen Handelspackungen abgegeben werden. Hievon sind ausgenommen:

1.  die Abgabe auf Grund besonderer Anordnung durch den Arzt oder Tierarzt,

2.  die Abgabe in Anstaltsapotheken für den Bedarf der von ihr zu versorgenden Krankenanstalt,

3.  die Abgabe von Fütterungsarzneimitteln bei Losebelieferung und

4.  die Abgabe von medizinischen Gasen.

 (2) Bei der Abgabe nach Abs. 1 Z 1 ist vorzusorgen, daß jederzeit Art und Menge der Arzneispezialität festgestellt werden können.

 (3) Bei der Abgabe nach Abs. 1 Z 3 und 4 ist dem Verbraucher oder Anwender ein Begleitpapier zu übergeben, das den Text der Kennzeichnung (§ 7) und der Gebrauchsinformation (§ 8) enthalten muß.